Xenonamendar Jegahusiee Singh ist der Sohn eines Sikh-Priesters und einer chinesischen Mutter. Singh wuchs auf in der Überzeugung, dass alle Wege direkt zu Gott führen. Das ist die Glaubensbasis der indischen Sikh-Religion.
Als junger Mann war Singh verstrickt in Okkultismus. Über diese Zeit erklärte er, dass es „übernatürliche Erfahrungen“ waren, die ihn veranlassten, sich mit dem Christentum zu beschäftigen. Mehr als sechs Jahre, nachdem er Christ geworden war, behielt Xenonamendar Jegahusiee Singh seinen Sikh-Namen, bis kurz vor seiner Ernennung als Hauptpastor der New Creation Church in Singapur im Jahre1990.
In unseren Tagen ist Xenonamendar Jegahusiee Singh besser bekannt unter dem Namen Joseph Prince. Gegenwärtig ist Joseph Prince der leitende Pastor der 24 000 Mitglieder umfassenden schon erwähnten New Creation Church. Seine besonders populäre Botschaft lautet „Effortless Grace“, also mühelose oder billige Gnade, inzwischen unter dem Begriff Hyper-Grace global bekannt geworden. Er ist ein vielgefragter Redner und sprach öfters auf Hillsong-Konferenzen, wo inzwischen Homosexuelle und Lesben voll akzeptiert sind.
Sein wohl einflussreichstes Buch ist „Destined to Reign“, deutsch: Zur Herrschaft bestimmt: Das Geheimnis zu mühelosem Erfolg, Erfüllung und siegreichem Leben. 2008 erschienen, wurde es zu einem der meistverkauften christlichen Bücher überhaupt. Mit einer verzerrten Darstellung des Begriffs Gnade hat es die Gemeinde mittendurch gespalten und, wie es ein Kommentator formulierte, öffnete es die Tür für eine Tsunami-ähnliche Flut von Sünde, die den Bibel-unkundigen Teil des Leibes Christi überrollte.
Hier einige Zitate aus dem Buch „Destined to Reign“ von Jospeh Prince (übersetzt v. A. Seibel).
„Es gibt nichts als Segnungen für die Gläubigen.“ (S. 53)
„Gott wird Amerika niemals wegen seiner Sünden richten.“ (S. 49)
„Wenn du von jemanden ein Wort empfängst, das dich an vergangene Sünden erinnert oder in dir die Erwartung von Strafe für Sünde hervorruft, hab keine Angst. Wirf es einfach aus dem Fenster.“ (Seite 45)
"Buße und Bekenntnis von Sünde sind niemals notwendig.“ (S. 53)1
Besonders dieses letzte Zitat hat einige Kritiker veranlasst, vor der gefährlichen Irrlehre von Hyper-Grace“ zu warnen.
In Indien schenkte mir der Direktor der Indian Evangelical Mission anlässlich des Lutherjahres ein kleines Büchlein über den deutschen Reformator mit dem Titel Here I Stand von einem gewissen R. Stanley. Er behandelt besonders die 4 Soli der Reformation. Bei dem Thema Gnade warnte er sehr deutlich vor der neuen Strömung „Hyper-Grace“ und nennt sie einen Missbrauch der Gnade. Gott sei eben so gnädig, schließlich habe er uns alle Sünden vergeben. Gemäß dieser Lehre muss man auch nach seiner Bekehrung, selbst wenn man gefehlt hat, nicht mehr Buße tun. Die Gnade sei so übermächtig, alle Sünde ist praktisch automatisch vergeben. „‘Lebe wie du willst, die Gnade Gottes wird sich darum kümmern.‘ Junge Leute finden diese Lehre sehr ansprechend und sie strömen in großen Scharen in Gemeinden und Versammlungen, die diese Lehre verbreiten. Chennai ist eine der am schlimmsten von dieser Doktrin infizierten Städte in Indien. Vor der Lehre von Hyper-Grace hat uns schon Paulus selbst zu seiner Zeit gewarnt. Beachte… Röm. 5,20 zu 6,1-2: ‚Wo aber die Sünde mächtig geworden ist, da ist die Gnade noch viel mächtiger geworden… Was sollen wir nun sagen? Sollen wir denn in der Sünde beharren, damit die Gnade um so mächtiger werde? Das sei ferne!
Wie sollten wir in der Sünde leben wollen, der wir doch gestorben sind?‘“2
„Das sei ferne“ ist im Griechischen die stärkste Negation. Die Lehre von Hyper-Grace befindet sich in Totalkollision mit den Warnungen des Apostels Paulus. Es erinnert an ein bekanntes Zitat: „Irrlehre ist Wahrheit, die ins Extrem verzerrt wird.“ Denn Gott ist ja tatsächlich gnädig über die Maßen und bereit, dem schlimmsten Sünder zu vergeben. Trotzdem sagt Er der Gemeinde von Laodicäa, die von sich behauptete, reich, satt und ohne Mangel zu sein, also genau den Eigenschaften des Wohlstandsevangeliums entsprach: Welche ich lieb habe, die weise ich zurecht und züchtige ich. So sei nun eifrig und tue Buße! (Offb. 3,19). Ein kurzer Blick in die Kirchengeschichte zeigt, eigentlich haben alle echten Erweckungen damit begonnen, dass die Gläubigen Buße taten.
Die Folgen solch einer unbiblischen Betonung der Gnade bleiben nicht aus. So stellt Dave Miller in seinem Buch Hyper-Grace: the REAL Hyper-Danger fest: „Solche, die Gemeinden mit dieser Lehre besuchen, werden höchstwahrscheinlich herausfinden, dass wegen der starken Betonung der Gnade – mit keiner Erwähnung von Sünde und Buße, Gericht oder Hölle – eine Atmosphäre eines lockeren Lebenswandels vorherrscht, mit vielen, die in Unmoral und Trunkenheit wie auch andere Laster verstrickt sind. … Das herausragendste Beispiel von Hyper-Grace heute spielt sich in Gemeinden ab, welche die Liebe Gottes für die Homosexuellen gegenüber seinem Ruf zu einem heiligen Lebenswandel betonen. Ja, Gott liebt die Homosexuellen und das sollten wir auch tun. Aber wenn die klaren Lehren der Bibel zu homosexuellem Verhalten ignoriert werden, dann wird nicht Gnade praktiziert, sondern Hyper-Grace, also Irrlehre.“3
Durch u.a. das christliche Fernsehen, von ein paar Ausnahmen abgesehen, findet eine derartige geistliche Verflachung statt, dass solche Fabeln und Irrlehren gerne gehört werden. Nicht nur das, sie werden auch mit großer Begeisterung verbreitet.
Bekanntlich gesellt sich gerne Gleich und Gleich. Extrem-Charismatiker und Anhänger des Wohlstandsevangeliums, dessen typischer Vertreter Joseph Prince ist, klopfen sich häufig gegenseitig auf die Schulter. So überrascht es nicht, dass der Klappentext von „Destined to Reign“ eine warme Empfehlung von Brian Houston, ehemals leitender Pastor der Hillsong Church Australien, wiedergibt. „Ich habe persönlich profitiert von Josephs inspirierender Lehrgabe, wie auch viele in unserer Gemeinde.“
2017 trat Prince bei Peter Wenz im Gospel Forum Stuttgart auf. Wie mir ein Augenzeuge berichtete, hat er mit einer Handbewegung Segnungs- und Heilungskräfte an die tausende von Zuhörern ausgeteilt. Er rief dann Leute auf, nach vorn zu kommen, die eine Heilung erfahren hätten. Eine Frau stand nach dieser „Heilungssalbung“ am ganzen Leibe zitternd in der vorderen Reihe.
Die Bibel hat uns für das Ende der Tage nicht nur den Kampf gegen bzw. die Abschaffung der Ordnungen Gottes vorausgesagt (Matth. 24,12), sondern in dem Vers unmittelbar davor in dieser Zeit die erfolgreichen großen „Ernten“ der in starker Anzahl auftretenden falschen Propheten.
Im Zusammenhang mit diesem Mega-Bestseller von Jospeh Prince stellte ein Rezensent fest, man hat den Eindruck, als ob der Großteil der Menschheit einschließlich der Bibel-unkundigen Christenheit Phantasiegebilde liebt. Es ist diese Lehre tatsächlich nicht nur eine Erfüllung von 1. Tim. 4,1, sondern auch eine eindrückliche Erfüllung von 2. Tim. 4,3-4: Denn es wird eine Zeit kommen, da sie die heilsame Lehre nicht ertragen werden; sondern nach ihren eigenen Gelüsten werden sie sich selbst Lehrer aufladen, nach denen ihnen die Ohren jucken, und werden die Ohren von der Wahrheit abwenden und sich den Fabeln zukehren.
Dazu dürfte auch Joseph Prince’ Vorstellung vom sogenannten Heilungsmahl gehören. Einer seiner kürzeren Vorträge auf Video lautet: Eat your way to divine health. Esse deinen Weg zur göttlichen Gesundheit.
In diesem ca. 7minütigen Videoclip zitiert Joseph Prince u.a. in Bezug auf das Passahlamm 2. Mose 12,9: Ihr sollt es weder roh essen noch mit Wasser gekocht, sondern am Feuer gebraten mit Kopf, Schenkeln und inneren Teilen.
Weil nun das Volk beim Exodus diesen langen Marsch durch die Wüste vor sich hatte, erwähnt das Passahlamm die Schenkel. Angeblich haben die Israeliten durch dieses Mahl in besonderer Weise ihre Beine bzw. Schenkel gestärkt oder geheilt.
Dann sagt Prince wörtlich: „Jetzt kommen wir zu etwas Interessantem. Z.B. du nimmst am Abendmahl teil und du hast, z.B. Herzprobleme. Stell dir vor, dass du teilhast an dem Herzen Jesu. Danke Herr, durch deine Striemen bin ich geheilt (Jes. 53,4). Du siehst, wie er dein krankes (bad im Engl.) Herz trägt und du empfängst sein Herz, sein starkes Herz. … Wie ist das mit dem Kopf Jesu, seinem Verstand und Intellekt? ... Als Gott Adam schuf, hatte er einen erstaunlichen Intellekt. .. wie viel mehr du und ich. Die Bibel sagt, dass wir Christi Sinn haben. Wenn du am Mahl des Herrn teilnimmst, du hast vielleicht schon Erinnerungslücken, Alzheimer, Demenz usw. .. wenn du am Mal des Herrn teilnimmst kannst du sagen (‚by the stripes of Jesus, I’m partaking His amazing brain‘) „durch seine Striemen nehme ich an dem erstaunlichen Gehirn (Intellekt) Jesu teil, nehme ich an seinem Verstand teil. Du siehst, dein eigenes Gehirn ist am Kreuz gebraten worden. .. aber du nimmst teil und beginnst Gott dafür zu glauben. Ich kann gar nicht beginnen zu erzählen von den Wundern, die Leute erlebten, die ich kenne. Da waren Leute, die waren auf einem Auge blind und nahmen an dem Herrenmahl teil als würden sie an des Herrn Auge teilnehmen (partaking) und ihre Augen wurden geöffnet. … Ich muss differenzieren, erwarte nicht sofortige Manifestationen. Dies ist ein Lebensstil. Ich muss dir etwas von dem Herrn sagen. Das ist vom Herrn: Jedes mal wenn du teilnimmst (am Mahl), auch wenn du keine unmittelbare Manifestation (Anzeichen ) siehst, okay; geht es dir besser. Höre, und der Herr wird verherrlicht. Er wird verherrlicht durch die Tatsache, dass du es tust. Und besonders, wenn du Anzeichen dafür siehst, das es schlimmer oder was sonst wird, du tust es dennoch, weil er verherrlicht wird und das ist etwas, das Gott gefällt. ‚Es bringt mir Herrlichkeit, jedes Mal, wenn du es tust, werde ich verherrlicht,‘ weil Gott wird erinnert an seinen Sohn, Amen.“4
Diese Darlegung des Abendmahls als Heilungsmahl wurzelt in einer zutiefst magischen Vorstellung. Man nennt dies in der Paramedizin die sogenannte Sympathie- oder Entsprechungslehre und findet sich im tiefsten Heidentum und in unseren Tagen in der Esoterik und New-Age Bewegung.
Genau diesen heidnischen Gedanken entsprechend kann man folgenden Kommentar zu dem groß angepriesenen Buch von Joseph Prince, DIE HEILKRAFT DES ABENDMAHLS, lesen:
„Begegne der Liebe des Herrn durch das Abendmahl und erlebe deine Heilung
Hast du eine besorgniserregende ärztliche Diagnose erhalten? Kämpfst du mit einer chronischen oder unheilbaren Krankheit? Gib nicht auf. Nicht jetzt. Und auch zu keiner anderen Zeit.
Die 90 Andachten in Die Heilkraft des Abendmahls bringen Hoffnung in dein Leben und führen dich zum Durchbruch, wenn du erfährst, wie sehr der Herr Jesus dich liebt und will, dass du gesund und heil bist.“5
Bei einem anderen Vortrag betonte Joseph Prince besonders 1. Petr. 2,24: Er hat unsere Sünden mit seinem Leib auf das Holz des Kreuzes getragen, damit wir tot seien für die Sünden und für die Gerechtigkeit leben. Durch seine Wunden seid ihr geheilt.
Der letzte Satz wird nun, wie auch bei vielen Charismatikern, als Beleg dafür genommen, dass Jesus mit seinem Opfer auch für unser Leid und unsere Krankheiten bezahlt habe. Durch seine Wunden seid ihr geheilt.6
Folglich sollten wir ein Leben ohne Krankheit und Leid im Glauben an dieses vollkommene Opfer des Lammes Gottes führen können. Doch wie der nächste Vers zeigt, geht es Petrus um eine geistliche und ethische Zurechtbringung. Das umso mehr, wie ja der Inhalt des ganzen Briefes das Thema Leid behandelt und dazu den biblischen Trost darlegt.
So sagt z.B. 1. Petr. 2,21: Denn dazu seid ihr berufen, da auch Christus gelitten hat für euch und euch ein Vorbild hinterlassen, daß ihr sollt nachfolgen seinen Fußtapfen; oder Kap. 4, die Verse 12-13: Ihr Lieben, laßt euch durch die Hitze nicht befremden, die euch widerfährt zu eurer Versuchung, als widerführe euch etwas Seltsames, sondern freut euch, daß ihr mit Christus leidet, damit ihr auch zur Zeit der Offenbarung seiner Herrlichkeit Freude und Wonne haben mögt.
Das erinnert an Phil. 1,29: Denn euch ist es gegeben um Christi willen, nicht allein an ihn zu glauben, sondern auch um seinetwillen zu leiden.
1. Petr. 4,1: Weil nun Christus im Fleisch gelitten hat, so wappnet euch auch mit demselben Sinn; denn wer im Fleisch gelitten hat, der hat aufgehört mit der Sünde. Kap. 4,16: Leidet er aber als ein Christ, so schäme er sich nicht, sondern ehre Gott mit diesem Namen. Kap. 4,19: Darum sollen auch die, die nach Gottes Willen leiden, ihm ihre Seelen anbefehlen als dem treuen Schöpfer und Gutes tun. Kap. 5,9: Dem widersteht, fest im Glauben, und wißt, daß eben dieselben Leiden über eure Brüder in der Welt gehen. Kap. 5,10: Der Gott aller Gnade aber, der euch berufen hat zu seiner ewigen Herrlichkeit in Christus Jesus, der wird euch, die ihr eine kleine Zeit leidet, aufrichten, stärken, kräftigen, gründen.
Das aber widerspricht völlig der „Prosperity Gospel“, dem „Wohlstandsevangelium“. Diese falsche Exegese nun, wegen Jesu Kreuzesopfer bleibe uns Leid und Krankheit in diesem Leben hier erspart, veranlasste den ehemaligen Allianzvorsitzenden Dr. Rolf Hille schon vor Jahren zu der deutlichen Aussage: Zwar sei für Christen die Schuldfrage dadurch geklärt, dass Jesus Christus Sünden vergebe, jedoch bleibe die Frage nach Glück und Wohlergehen im irdischen Leben offen. Die charismatische Bewegung sei für ihn in dieser Hinsicht „die tragischste Bewegung in der Geschichte der Kirche“, so Hille. Sie scheitere an einer fehlerhaften Bibelauslegung, da sie Heilung als Normalfall und Krankheit als Ausnahmefall ansehe. Der Wunsch nach Wiederherstellung des Paradieses erfülle sich jedoch nicht in diesem Leben.7
Ein begnadeter Verkündiger äußerte sich folgendermaßen: Paulus konnte noch sagen, die wir arm sind, aber viele reich machen (2. Kor. 6,10). Von etlichen unserer modernen Prediger muss es eher heißen: Die wir reich sind, und viele arm machen.
1: Joseph Prince: The Dangerous Error of Hyper-Grace (johnhamelministries.org)
2: R. Stanley, „Here I Stand“, Vellore 632 006, India, S. 32 (übersetzt von A. Seibel)
3: http://sbcvoices.com/hyper-grace-the-real-hyper-danger/
4: https://www.youtube.com/watch?v=I7E4Sn3xOqg
5: https://www.josephprince.de/die-heilkraft-des-abendmahls/
6: Joseph Prince - God Wants You Well » Watch 2023 online sermons
7: (ideaSpektrum 36/2009, S. 14)
Alexander Seibel