C. G. Jung und sein Einfluss auf die charismatische Bewegung

Offen wird zugegeben, wie C. G. Jung von großem Einfluss ist. So schreibt Erhard Griese:
C. G. Jung spielt bei vielen Verantwortlichen der charismatischen Erneuerung eine wichtige Rolle.1

Ohne Übertreibung kann man C. G. Jung als einen der größten Spiritisten des vergangenen Jahrhunderts bezeichnen. Schon als Student veranstaltete er mit seiner Cousine Helly Preiswerk als Medium spiritistische Sitzungen. Die wissenschaftliche Karriere C. G. Jungs, ... begann mit spiritistischen Sitzungen.2

In seinem Hause gab es alle möglichen Spukphänomene, sein Leben lang befasste er sich mit Okkultismus und Spiritismus und sein Kontrollgeist „Philemon“ war für ihn so real wie eine Person aus Fleisch und Blut.3 Über seine Psychologie schreibt Ernst Benz: Er (C. G. Jung, Anm.) berichtet in seiner Selbstbiographie, wie ihn eigene Traumerfahrungen und visionäre Erlebnisse auf das Studium visionärer und spiritistischer Literatur führten, und wie er gerade in der spiritistischen Literatur überraschende Hinweise auf eine systematische Erfassung und Kontrolle seelischer Vorgänge fand, die ihm für die Entwicklung seiner eigenen Psychologie und seine Archetypenlehre wegweisend waren.4

Die Erkenntnisse dieses Mannes sind nach dem Urteil der Bibel fast schon klassische Beispiele für Dämonenlehren (1. Tim. 4,1).

Nun ist es bemerkenswert, wie viele namhafte Charismatiker C. G. Jung positiv einschätzen bzw. seine Lehren vertreten. Einer der einflussreichsten und prominentesten in der englischsprachigen Welt ist Morton Kelsey. In seinem sehr verbreiteten Buch Encounter with God5 übernimmt Kelsey die Jungsche Deutung von Gott und Heiliger Geist und kleidet sie in eine biblische Sprache. Dazu schreibt der L'Abri-Schüler Ranald Macaulay: Die Ansichten von Plato und Jung werden von einigen heute mit dem biblischen Weltbild gleichgesetzt. Ein berühmtes Beispiel ist Morton Kelsey... Gemäß Kelsey ist das Hauptproblem des Menschen nicht die Moral, sondern die Notwendigkeit, mit der geistlichen Welt Kontakt zu haben. Seine zentrale Betonung ist nicht die Versöhnung durch Christus, sondern geistliche Erfahrungen, durch die, wie er sagt, man in Kontakt mit dem geistlichen Bereich kommt. Konsequenterweise betont er Zungenreden, Heilungen, emotionale Reinigungen, Geisterfüllungen, Meditation, Weissagung und Träume. Der Geist bringt Ganzheit primär auf diese Weise. Das Außerordentliche wird der normale Weg des Geistes... Dieses Denken ist den gnostischen Theosophien ähnlich, welche die frühen Kirchen plagten und steht voll in Einklang mit dem wiedererwachten Interesse an religiösen Erfahrungen und Okkultismus in unserer Kultur. Was bei Kelseys Denken besonders gefährlich ist, ist der Umstand, dass er in einer biblischen Sprache präsentiert wird. Dennoch ist es nicht biblisches Christentum... Wir betonen dies, weil Kelseys Buch „Encounter with God“ offensichtlich viele wahre Christen bereits bis zu einem Punkt verwirrt hat, daß sie glauben, biblisches Christentum ist das, was Kelsey schildert. So wird beispielsweise ein prominenter charismatischer Führer auf dem Umschlag zitiert: „Kelseys Buch... führt die Menschen zu einer entdeckbaren Realität... es könnte im Bereich der Theologie die gleichen Auswirkungen wie ein Kopernikus im Bereich der Astronomie haben... Es liefert die durchdachteste und bestdokumentierte Theologie, die jemals für Charismatiker entwickelt wurde. Abgesehen davon, bietet es eine völlig neue Perspektive an, von der aus christlicher Glaube gelehrt werden kann... Es ist mein Wunsch, es als Lehrbuch verwendet zu sehen."(Kommentar von Larry Christenson auf der Rückseite des Umschlags von „Encounter with God“.) Im Vorwort dieses Buches schreibt ein anderer führender Charismatiker: „Es gibt der Erfahrung einen Unterbau an Theologie.“ (John L. Sherrill in "Encounter with God", S. 7).
Obwohl „Encounter with God" von evangelikalen Leitern in England als eines der wichtigsten Bücher des Jahres 1974 betrachtet wurde, haben wir den Eindruck, daß die Theologie, die diese Erfahrungen untermauert, sehr wenig mit biblischer Theologie gemeinsam hat. Es ist naiv zu meinen, daß Christus geehrt wird, wo immer der Heilige Geist erwähnt wird oder „Erfahrungen mit dem Geist“ empfohlen werden. Das Neue Testament befiehlt uns, geistliche Behauptungen durch biblische Lehre zu prüfen (1. Joh 4,1-3; Gal 1,6-9).6

Sowohl John Sherrill als auch Larry Christenson sind nun keine Randfiguren. Sherrill, der seine Geistestaufe bei den Geschäftsleuten des vollen Evangeliums empfangen hat, wird durch sein Buch Sie sprechen in anderen Zungen einer der Bahnbrecher der charismatischen Bewegung. Gemeinsam mit David Wilkersons Bestseller Das Kreuz und die Messerhelden wird es zum auslösenden Buch für die Katholisch charisma1ische Bewegung. Außerdem ist John Sherrill Koautor vieler Schlüsselwerke der charismatischen Strömung.

Larry Christenson wurde von Arnold Bittlinger nach Deutschland eingeladen. Bittlinger wurde Zeuge des charismatischen Aufbruchs anfangs der sechziger Jahre in den USA. Durch die Enkenbacher Tagung 1963, bei der Larry Christenson die Schlüsselrolle spielt, fasst die charismatische Bewegung auf deutschem Boden Fuß. So kann man also in gewisser Weise Arnold Bittlinger als den indirekten und Larry Christenson als den direkten Vater der charismatischen Bewegung in Deutschland bezeichnen.

M. Kelsey wird auch von Bittlinger positiv zitiert: In der Schule C. G. Jungs wird die Glossolalie erklärt, als eine Sprache, die aus dem Kollektiv-Unbewußten kommt. So schreibt z.B. der Jung-Schüler Prof. Morton Kelsey: „Bei der Glossolalie geschieht ein echtes Bewußtwerden von Inhalten, die aus den tiefsten Schichten des Kollektiv-Unbewußten kommen.“ 7

Das gleiche Zitat bringt Heribert Mühlen, Leiter der katholisch charismatischen Erneuerung in einer Abhandlung zum Thema Sprachengebet.8

Weiter schreibt Arnold Bittlinger in demselben Artikel: Es gibt eine ganze Reihe von Psychotherapeuten, besonders aus der Schule von C. G. Jung, die die heilende Funktion
des Sprachenredens bestätigen.9

Moderne Psychologie und charismatische Erfahrungen gehen offensichtlich eine nahtlose Symbiose ein.

Zur Erklärung der Glossolalie erwähnt Arnold Bittlinger auch die Phänomene der „inneren Sprache“ bei Friedericke Hauffe.10 Diese aber war ein berühmtes spiritualistisches Medium, über die der deutsche Dichter und Okkultist Justinus Kerner das Buch Die Seherin von Prevorst schrieb. Durch dieses Werk und die Literatur von Swedenborg aber wurde wiederum C. G. Jung veranlasst, spiritistische Sitzungen abzuhalten.11

In dem Buch 2000 Jahre Glossolalie, das keineswegs negativ zu der charismatischen Bewegung Stellung nimmt, wird für den damaligen Zeitpunkt (1968) festgestellt: Die gründlichste Untersuchung, die bisher durchgeführt wurde, liegt in dem Buch „Tongue Speaking“ (dem das Zitat von Bittlinger und Heribert Mühlen entstammte, Anm. A.S.) des episkopalen Pfarrers Morton Kelsey vor, der das Phänomen in recht günstigem Licht darstellt.12

Zu Kelsey erklärt Dave Hunt in seinem informativen Buch „Götter, Gurus und geheimnisvolle Kräfte“: Es ist noch gar nicht lange her, da wurden Hellseherei, Psychokinese, außerkörperliche Erfahrungen und andere übersinnliche Erscheinungen von führenden Kirchenmännern als okkult bezeichnet. Diese Einstellung hat sich sehr schnell gewandelt. Morton Kelsey, ein bekannter Priester der Episkopalen Kirche und Lehrer der Notre-Dame-Universität, trat 1977 öffentlich dafür ein, übersinnliche Erfahrungen zu kultivieren. In seinem Buch „The Christian and the Supernatural” beschreibt er Jesus als vergleichbar mit einem Schamanen und ermutigt die Christen, übersinnliche Kräfte zu entwickeln, wie zum Beispiel Hellsehen, Präkognition und Telepathie. Zwar sieht auch er darin Gefahren, ist aber dennoch der Meinung, daß die Entwicklung der ASW (Außersinnliche Wahrnehmung, Anm.) dazu beitragen könnte, die Echtheit der biblischen Wunder zu bestätigen.13

Kelsey war es auch, der die in Amerika einflussreiche pro-charismatische Schriftstellerin Catherine Marshall in die Traumdeutung einführte: Gerade in jener Zeit, in der ich gelernt hatte, wie genau Träume uns Dinge vor Augen führen können, stieß ich auf den reformierten Theologen Morton Kelsey, der Psychologe von hohem wissenschaftlichen Rang ist. Ich las einige seiner Bücher und bat ihn dann brieflich, mich in der Deutung meiner Träume zu unterweisen.14

Woran liegt es, dass Schlüsselleute dieser Strömung, die sich so offen ihrer besonderen Geistesausrüstung rühmt, solch einen deutlichen Zug zu Phänomenen und Doktrinen haben, welche die Bibel in den Bereich des Spiritismus und der Dämonenlehren verweist?

Ernüchternd ist auch zu sehen, wie trotz dieser Verflechtungen mit unsauberen Quellen viele Gläubige nur halbherzig oder gar keine Schritte dagegen bzw. Abwehrmaßnahmen unternehmen. Doch auch diese Entwicklung hat uns die Heilige Schrift für das Ende der Tage vorausgesagt.

Alexander Seibel

1 Erhard Griese, Ihr seid Gottes Haus, Charismatische Gemeindeerneuerung in der evangelischen Kirche, Erneuerung in Kirche und Gesellschaft, Nr. 1, 1977, S. 23.

2 Stefanie Zumstein-Preiswerk, Das Medium des C. G. Jung, Basler Magazin, Nr. 42, 23. Okt. 1982.

3 Bildlexikon der Symbole, Trikont-Verlag, S. 550.

4 Ernst Benz, Die Vision, Ernst Klett Verlag Stuttgart, 1969, S. l1.

5 Morton Kelsey, Encounter with God, London: Hodder and Stoughton, 1972.

6 Ranald Macaulay& Jerram Barrs, Being Human, Inter-Varsity Press, 1978, S. 48-50, übersetzt von A.S.

7 M. T. Kelsey, Tongue Speaking, New York 1964, p, 199, zitiert bei Arnold Bittlinger „Der neutestamentliche charismatische Gottesdienst im Lichte der heutigen charismatischen Erneuerung der Kirche", S. 204.

8 Heribert Mühlen, Das Sprachengebet, Erneuerung in Kirche und Gesellschaft, Heft 9, 1981, S. 37.

9 Arnold Bittlinger, Der neutestamentliche charismatische Gottesdienst, S. 204, aus Johannes Panagopoulos, „Prophetic Vocation in the New Testament and today“, Leiden, Brill 1977.

10 Arnold Bittlinger, ibid., S. 203.

11 Paul J. Stern, Carl Gustav Jung-Ein Querschnitt, Tagesanzeiger Magazin, Nr. 22, 4. Juni 1977, S. 6.

12 2000 Jahre Zungenreden, Oncken Verlag, Kassel, 1968, S. 16.

13 Dave Hunt, Götter Gurus und geheimnisvolle Kräfte, Brunnen Verlag Basel, 1984, S. 12.

14 Catherine Marshall, Schritt für Schritt, Friedrich Bahn Verlag Konstanz, 1975, S. 122.


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