Wenn man den Weg von John Wimber etwas verfolgt,
muß man feststellen, daß man ein ständiges
Hin und Her beobachten kann. Aussagen werden widerrufen,
mit neuer Kühnheit formuliert, abgeändert,
theologisch schmackhafter verpackt usw.
Als einer der bekanntesten Evangelikalen Englands,
David Watson, an Krebs erkrankte, kam Wimber eigens
angeflogen und verkündigte, wie Gott ihm
gezeigt habe, Watson werde gesund. Als dann Watson
doch starb, versuchte man "Schadensbegrenzung"
so gut es ging. Die Leichtgläubigkeit der
Anhänger, besonders aber nicht nur aus dem
charismatischen Umfeld, ermöglichte es ihm,
ziemlich unbeschadet weiterzumachen. Dabei hätte
man nach biblischen Test (5. Mose 18, 22) erkennen
können könne, daß hier ein falscher
Prophet agiert. Doch solche Aussagen galten als
zu negativ bzw. lieblos.
Dann wurde die große Erweckung für
England angekündigt, die ebenfalls ausblieb.
Clifford Hill, der sich selber zur charismatischen
Szene rechnet und an den Dienst der Geistesgaben
glaubt, schreibt darüber: "Letzten Sommer
(1990 Anm.) riet ich Wimber ab, im Oktober nach
England zurückzukehren, weil soeben eingestanden
wurde, daß 15 Bereiche des Irrtums in ihrem
(Wimber und sein Team von Propheten, Anm.) Dienst
vorlagen und dies brauchte Zeit, um aufgearbeitet
zu werden...Dennoch war John Wimber entschieden,
Versammlungen in England im Oktober zu leiten,
weil Paul Cain, Bob Jones und andere geweissagt
hatten, daß eine große Erweckung in
diesem Monat ausbrechen werde. Ich hatte bereits
erklärt, daß diese Prophezeiungen falsch
sind und daß es keine Erweckung in England
geben würde ohne Buße, aber Wimber
glaubte ihnen so restlos, daß er seine Kinder
und Enkelkinder von den USA mitbrachte, damit
sie die erwartete Erweckung bezeugen könnten.
Als nichts geschah in dieser Woche, in einem letzten
Versuch, Gott zu überreden, die Flammen der
Erweckung zu schicken, rief er am letzten Tag
in London, in der letzten Versammlung zur Stille
auf. Als der mächtig rauschende Wind sich
nicht einstellte, beendete John Wimber die Versammlung
eine halbe Stunde früher und kehrte nach
Hause zurück, wobei er viele Leute enttäuscht
und desillusioniert zurückließ (Prophecy
Today, "Which Army?" Volume 7, Jan./Febr.
91, S. 10).
Keith Parker ist ebenfalls ein unverdächtiger
Zeuge, zählt doch auch er sich zum charismatischen
Lager. Über das gleiche Ereignis berichtet
er: "Auf der Rückseite von John Wimbers
Magazin war eine Erklärung abgedruckt, die
besagte, daß während einer bestimmten
Zeit in England eine Erweckung ausbrechen würde,
während sein Team in London arbeitete. Der
Termin kam und ging. Es gab keine Erweckung. Anstatt
zu bekennen, er habe das Volk Gottes verführt,
leugnete er, daß diese Voraussage gemacht
worden war oder daß wir falsch verstanden
hätten, was dort geschrieben war. Danach
gewann ich den Eindruck, daß Wimber und
die 'Propheten' sich selbst disqualifiziert hatten;
und ich fühlte mich berechtigt, alles zu
ignorieren, was aus dieser Quelle kam" (Keith
Parker, "Prophets - True or False? Signs
and Wonders - Real or Bogus?", Stellungnahme
vom 22. Juli 1994, S. 2).
Doch nur wenige zogen diese Konsequenzen. Die
meisten waren weiterhin von Wimbers Charme bezaubert
und vergaßen darüber die biblischen
Kriterien der Prüfung. Eine Generation, die
immer mehr videotisiert und von daher emotionalisiert
ist, sieht auch wenig Anlaß, anhand des
Wortes zu prüfen. Persönliche, freundliche
und und positive Eindrücke zählen da
mehr und sind offensichtlich gewichtiger.
Zu Wimbers fragwürdigen Lehren bzw. Praktiken
listet Dr. John D. Hannah u.a. auf: Er betet über
Objekten, daß sie "geheilt" (übernatürlich
repariert) werden, z.B. Kühlschränken,
Autos, Waschmaschinen etc. Er behauptet außerdem,
daß Jesus Einblicke durch "Worte der
Erkenntnis" bekommen habe. Auch ruft John
Wimber den Heiligen Geist, um auf besondere Leute
in einer Versammlung herabzukommen. (Dr. John
D. Hannah, "The Signs and Wonders Movement,
The Vineyard Movement or The Third Wave",
Lesson 30, S. 14).
Eine Zeitlang behauptete Wimber, um übernatürliche
Manifestationen für jeden Christen schmackhaft
zu machen: "Alles, was er (Jesus, Anm.) tat,
können auch wir tun. Schließlich war
Christus so begrenzt in seiner menschlichen Natur,
daß er sich nicht viel von uns unterschied.
Deshalb, wenn Er, mit der Hilfe des Geistes, mit
einem Wort heilte, warum können wir nicht
das gleiche tun?" (Sword & Trowel",
2. Nov. 1987, S. 30). Als dann Dr. Jack Deere
zu ihm stieß, der sich dann später
(1992) wieder von der Vineyard-Bewegung distanzierte,
wurde versucht, diese Zeichen- und Wunderansprüche,
nun etwas biblischer, durch die Charismen von
1. Kor. 12 zu legitimieren.
Setzt man sich mit Wimber an einen Tisch, scheint
er einem bezüglich aller möglichen Bedenken
und Anfragen recht zu geben. Clifford Hill schreibt:
"Ich verbrachte mehrere Stunden in privater
Besprechung mit John Wimber, Paul Cain und Mike
Bickle nach ihren Versammlungen in Holy Trinity,
Brompton. Nach diesem Treffen meinte ich, wir
hätten eine Beziehung der Offenheit hergestellt
und ich sagte dies auch öffentlich...Jedoch,
all die Kommunikation seit diesem Treffen war
einseitig. Es gab keine Antwort auf meine zahlreichen
Briefe, Entwürfe oder Artikel, wo ich um
ihren Kommentar vor einer Veröffentlichung
anfragte. Ich schrieb John Wimber als er im Oktober
in England war und faxte ihm anschließend
eine Kopie davon nach Anaheim, USA, aber noch
immer hat es keine Antwort gegeben. Viele Leute
sagten mir, das freundliche Entgegenkommen von
denen innerhalb dieser Bewegung sei nur deshalb,
um mich dahin zu bringen, ihren Dienst bedingungslos
zu unterstützen. Falls ich dazu nicht bereit
wäre, wollten sie mit mir nichts mehr zu
tun haben. Was soll ich nun denken?" (Clifford
Hill, ebenda).
Nun kann man sich freuen, wenn Menschen dazulernen
und sich korrigieren lassen. Jeder aufrichtige
Christ weiß von solchen Stationen in seinem
Werdegang. Doch Wimber ist ein theologisches Chamäleon,
das, um andere arglos zu stimmen, zu großen
Anpassungen bereit ist. So sagte er in einem Interview
mit idea Schweiz sogar: "Ich bin Dispensationalist"
(idea magazin Nr. 21/88, S. 4). - Unter Dispensationalismus
ist zu verstehen, daß Gott zu verschiedenen
Heilszeiten verschieden gehandelt hat und Zeichen
und Wunder primär auf die Apostelzeit der
Gemeinde beschränkt sind. -An seiner Grundeinstellung
zur Durchsäuerung der Gemeinden mit der "Powerbotschaft"
(Vollmächtige Evangelisation bedeutet, daß
auch heute noch sie von Zeichen und Wundern begleitet
wird.) ändert sich jedoch herzlich wenig.
Nun wird, obwohl Wegbereiter des "Toronto-Segens",
wieder einmal widerrufen, bzw. abgeändert.
Er spricht sich gegen eine Überbewertung
des "Toronto-Segens" aus und erklärt
sogar: "Als falsch bezeichnete Wimber die
zu starke Einbindung eines 'prophetischen Dienstes'
in seine Gemeindepraxis...Dennoch halte er nach
wie vor Prophetien sowie 'Zeichen und Wunder'
für möglich. So habe Gott ihm gezeigt,
daß er noch eine weltweite, geistliche Erneuerung
miterleben werde" (idea spektrum, 26/95,
S. 11).
Wimbers Vorstellung von dieser endzeitlichen
Erweckung greift wiederum Clifford Hill auf: "Gemäß
John Wimber ist es eine Art von 'Armee Joels',
die allen Widerstand überwinden und die Nationen
unterwerfen wird. Diese Lehre ist Teil dessen,
was als 'Herrschaftstheologie' bekannt ist...Es
sollte offensichtlich sein, sogar für jene,
die keine Ahnung von biblischer Exegese haben,
daß dies eine Armee der Zerstörung
ist" (ebenda, S. 11).
Man hat, bis in die Exegese hinein, das Gerichtshandeln
Gottes mit Segen bzw. Erweckung verwechselt. Der
"Toronto-Segen" demonstriert dies auch
praktisch mehr als deutlich. So ist Wimber ein
warnendes Beispiel, nicht für den geraden
Weg Gottes, sondern für einen Zickzackkurs,
der dem Geist Gottes nicht entspricht. Man beruft
sich auf Vollmacht und Geistesleitung bzw. besondere
Geistesfülle, Eingebungen und Offenbarungen
und wird trotzdem einmal so und dann wieder genau
anders geführt.
D.R. McConnell als Fürsprecher und Teilhaber
der Charismatischen Bewegung hat genau diesen
Punkt angesprochen: "Die Hauptursache für
diese notorischen Richtungsänderungen bei
der Lehre ist nur allzu deutlich erkennbar. Von
ihren Anfängen bis in die Gegenwart hat die
Charismatische Bewegung eine fehlerhafte Offenbarungslehre
vertreten. Wir Charismatiker haben uns zu wenig
dem Prinzip verpflichtet, daß die Bibel
der einzig unfehlbare Maßstab für Glaube
und Praxis ist...Solange wir uns nicht ernsthaft
dem Prinzip verpflichten, daß Lehre und
Praxis einer hermeneutisch sauberen Auslegung
des Wortes Gottes entstammen muß, wird unsere
Bewegung für eine endlose Serie prophetischer
Offenbarer und ihren bizarren Lehren ein willfähriges
Opfer sein" ("Ein anderes Evangelium",
Verlag C.M. Fliß, 1990, S. 237).
Dave Hunt schreibt in diesem Zusammenhang: „Die
falschen Prophezeiungen und ‚Worte der Erkenntnis‘
bei denen, die mit Wimber und seinen Vineyard-Gemeinden
verbunden sind würden Bände füllen“
(TBC, März 1997).
John Wimber ist inzwischen gestorben. Doch ist
zu befürchten, daß auch weiterhin alle
theologischen und biblischen Ungereimtheiten bzw.
Differenzen mit seinem nachwirkenden Charme zu
kitten versucht wird.. Und dies ist es, was die
Leute anspricht und hören wollen. Des Herrn
Feststellung: "Du hast geprüft, die
da sagen, sie sind Apostel und sind's nicht und
hast sie als Lügner erfunden" (Offb.
2,2), ist da schon weniger gefragt.
Alexander Seibel