Quo vadis Südafrika?

(5. – 22. Febr. 94)

Der Mann hatte Tränen in den Augen. Dem Holländer, der seit vielen Jahren in Südafrika lebt, wurde von einem schwarzen Mitarbeiter erklärt: "Im Mai sitze ich an deiner Stelle." Am 27. April sollen die Wahlen im neuen Südafrika abgehalten werden. Ein anderes Zitat: "Alle haben Angst." Dies trifft nun aber tatsächlich nicht auf jeden zu. Einige sehen die Zukunft düster, andere zeigen eher Gelassenheit. Doch von den Weißen dürfte so gut wie keiner glücklich über die gegenwärtige Situation in Südafrika sein. "Südafrika geht einer Zukunft entgegen, in der nichts sicher ist, außer der zunehmenden Gewalt", lautet eine Feststellung.

Im Vergleich mit den anderen afrikanischen Ländern, so wurde mir mehrmals versichert, stehe die RSA (Republik Südafrika) immer noch gut da. Tatsächlich wurde ich in vielem an das Bild europäischer Großstädte erinnert. Doch die Prognosen waren düster. Die Wirtschaft, so erklärte man mir, ist weit unten, pro Monat sollen eine Milliarde Rand (die Währung Südafrikas) das Land verlassen. Immer mehr Weiße wandern aus, jemand sprach sogar von einer Völkerwanderung. Dies dürfte etwas übertrieben sein, doch erstaunlich viele ziehen weg. Bevorzugte Ziele sind Australien und Neuseeland. Es ist schwierig, derzeit eine Arbeit zu bekommen. Von 8 Schülern, so meinte ein Lehrer, die absolvieren, erhalten nur zwei eine Stelle. Unter den Schwarzen soll die Arbeitslosigkeit bei 50% liegen, obwohl es offizielle Zahlen nicht gibt.

Unsicherheit greift um sich. Mir fielen besonders die vielen Vorsichtsmaßnahmen der Weißen auf. Vorhängeschlösser, Alarmanlagen, mehrfache Sicherungen usw. Viele Weiße halten sich Hunde, die vor
Einbruch und Überfall schützen sollen. So schrieb die Zeitschrift GEO in einem Artikel über Südafrika (Nr. 2/April 93): "Die Reichen leben in Angst, verschanzt hinter übermannshohen Mauern, vergitterten Fenstern und raffinierten Alarmanlagen. Viele von ihnen trauen sich ohne Pitbulls nicht mehr nach draußen - selbst am hellichten Tag. Die Paranoia ist nicht unbegründet. Täglich berichten die Zeitungen von grausamen Morden, von Opfern, die aus nächster Nähe erschossen wurden, nachdem sie Schmuck, Autoschlüssel und Waffen bereits herausgegeben hatten. Der hoffnungslos überforderten Polizei traut kaum noch jemand zu, die Verbrechenswelle wirksam einzudämmen, und so wurden in vielen Vierteln bereits private Milizen ins Leben gerufen." Über diesem landschaftlich zauberhaften Südafrika hängen düstere Wolken.

Dabei, so meinte jemand, gehe es den Weißen noch gut. Wirklich schlimm, so wird berichtet, sähe es in den Schwarzenvierteln aus. Da finden Machtkämpfe und sinnlose Überfälle wie Morde statt. Besonders zwischen den Anhängern des ANC (African National Congress) und der Zulupartei Inkatha kommt es immer wieder zu Ausschreitungen. Nelson Mandela führt den ANC und Umfragen sagen ihm bis zu möglicherweise 70% der Stimmen voraus. Doch, so hat man den Eindruck, es wird um jede Stimme buchstäblich gekämpft. Vor zehn Jahren waren ca. 50% der schwarzen Bevölkerung noch auf dem Land, heute leben 80% in den Städten. Der ANC sieht darin eine Chance, mehr Stimmen zu bekommen.

Den oft ungebildeten Schwarzen in den Townships wird ein Taschenrechner hingehalten und ihm folgendes angedroht: "Du siehst, wir haben dich im Computer. Wenn du nicht ANC wählst, brennen wir dein Haus ab!" Tief sitzt in den Schwarzen die abergläubische Furcht vor Geistern. Auch dies wird schamlos ausgenutzt. So sagen ANC-Aktivisten ihren Landsleuten, nachdem man ihnen erklärt hat, wie in den Wahlkabinen die Geister der Ahnen sind: "Die sehen, was du wählst und teilen uns das mit, denn wir haben mit den Geistern Verbindung."

Leider dürften solche Aussagen gar nicht so absurd sein, denn im Zuge des gegenwärtigen Umbruches werden die Zauberdoktoren wieder aufgewertet. So fand am 24. Oktober 93 ein glücksverheißendes religiöses Fest in Durban statt. In ganzseitigen Anzeigen hieß es: "Selbst eure Ahnen werden dabei sein. Wenn eure Ahnen dabei sind, könnt ihr es doch wohl auch?" Welcher Schwarze widersetzt sich dem Ruf der Verstorbenen? Welcher Eingeborene wagt es, ihren Zorn herauszufordern? Die ganze Zeremonie war dazu bestimmt, den Segen der Ahnen auf Nelson Mandela herabzurufen und böse Geister auszutreiben. Eine große Geisterbeschwörung zur Etablierung des sozialistischen Friedensreiches in Südafrika?

Noch mehr Sorge bereitet besonders den echten Christen die Aussage Mandelas, der viele Gesichter hat, "daß die Zeit bald vorbei sei, da eine Religion in Sonderstellung über andere Religionen erhoben wurde." Da ca. 78% aller Südafrikaner sich als Christen betrachten, und da die Hindus, Moslems und Juden nur 4 Prozent der Bevölkerung ausmachen, dürfte sich diese Bemerkung auf die bis jetzt in der Verfassung festgelegte Berufung auf den dreieinigen Gott beziehen. Nun wird man mit Rücksicht auf sogenannte Minderheiten die Rechte der Mehrheit zerstören. Auch dies ist eine beliebte Taktik der Humanisten und Internationalen Sozialisten, dem Gott der Bibel den Krieg zu erklären.

In dieser Zeit vor den Wahlen formieren sich neue Parteien und Interessengruppen. Die IFP (Inkatha Freedom Party) hat angedroht, bei den Wahlen nicht mitzumachen. Dies versuchen sowohl de Klerk als auch Nelson Mandela zu verhindern. Es würde die Wahlen zur Farce und das Land womöglich unregierbar machen.

Mandela und viele Anhänger des ANC gehören in erster Linie zum Stamm der Xhosas. Inkatha vertritt die Zulus, den größten Stamm Südafrikas, obwohl etliche Zulus auch mit dem ANC sympathisieren. Ein Zulu, so wurde mir mehrfach versichert, werde nie zulassen, daß jemand anderer über ihn regiere, dazu sei er viel zu stolz. Sie waren das kriegerischste Volk des Subkontinents, der Königsstamm, und haben früher die anderen Stämme unterworfen. Daß das Arpatheidsystem Unrecht war, haben mir die Geschwister einmütig bestätigt. doch es gibt auch die schwarze Apartheid, von der man in unseren Medien so gut wie gar nichts hört. So fordern etliche Stimmen ein eigenes, von der südafrikanischen Föderation unabhängiges Königreich. Einen eigenen Staat namens "Afrikaaner Volkstaat" wollen auch die radikalen Buren der "Afrikaaner Freedom Foundation". Man ist nötigenfalls auch bereit, dafür zu kämpfen. So gibt es schon Trainings- und Ausbildungslager für den zu erwartenden bewaffneten Kampf. Militant gibt sich auch der Panafrikanische Kongrea (PAC), der zwar nun auch der Gewalt abschwören und mit der ANC koalieren möchte, doch ihre ungeahndeten Schlachtrufe "Für jeden weißen Siedler eine Kugel" und "Richtet eure Waffen auf Polizisten" hallen vielen noch in den Ohren.

In der derzeitigen Situation des Subkontinents ticken mehrere Zeitbomben, die ohne die Gnade Gottes leicht zur Explosion kommen könnten. Es wäre dies die schlimmste der möglichen Varianten, wie mir Brüder bestätigten, die Libanonisierung Südafrikas, Zustände wie im ehemaligen Jugoslawien. Das einst blühende Land könnte in einem Blutbad untergehen. Kurz vor meinem Rückflug kam eine neue Schreckensnachricht. Ein weiteres Massaker hat stattgefunden. 15 Anhänger des ANC wurden in der Provinz Natal am 19. Februar ermordet. Immer offener wird bereits auch in den Zeitungen von einem möglichen Bürgerkrieg gesprochen.

Die meisten Gläubigen sind sich dieser Situation bewußt und ich traf bei den Christen einen großen Ernst an. Südafrika hat immer noch ein großes Potential von Gläubigen und man weiß von der Waffe des Gebets. So war ich selber auch geführt, in einem kleineren Hauskreis in Kapstadt über 1 Mose 18 zu sprechen. Auf die Fürbitte Abrahams hin erklärt der lebendige Gott: "Finde ich fünfzig Gerechte zu Sodom in der Stadt, so will ich um ihretwillen dem ganzen Ort vergeben" (Vers 24). Die Kinder Gottes wissen von diesem Gnadenangebot und es entstehen viele Gebetszellen im ganzen Lande. Leider ist auch die Bezeichnung Sodom nicht mehr so abwegig. Zum Leidwesen der Gläubigen gibt es seit kurzem Porno-Zeit-schriften und seit ca. einem Monat im Hauptkanal TV1 Werbeanzeigen für das Playboy-Magazin. Die Homosexuellen demonstrieren für ihre Rechte und auch das Abtreibungsverbot wird immer mehr gelockert. Dies muß man nun leider weltweit feststellen: Immer, wo die Internationalen Sozialisten in der Politik Einfluß nehmen, beginnt die, buchstäblich, Demoralisierung des Volkes. All diese Umbrüche bewirken aber auch bei Schwarz und Weiß eine große Offenheit für das Evangelium sowie Bereitschaft zu mehr Ernst der Nachfolge bei denen, die den lebendigen Gott bereits kennen.

Doch wie kam es überhaupt dazu, daß ich in Südafrika landete? Normalerweise halte ich mir den Monat Februar frei für Vorträge in Indien. Doch aus verschiedenen Gründen, obwohl Einladungen vorlagen, nahm ich von dieser Möglichkeit Abstand. Südafrika stand mir schon mehrmals als Ziel vor Augen und als ich auf meinem Schreibtisch das Fax eines Bruders aus der RSA vorfand, fragte ich ihn kurzerhand an, ob ein Besuch möglich wäre. Dirk Franzmann, den ich von der FTA in Gießen her kannte und derzeit in Johannesburg wohnt, erklärte sich bereit, mich aufzunehmen und bei den Stadtmissionen für mögliche Dienste anzufragen. Und dann ging alles sehr schnell. Überraschend taten sich Türen auf, und am 5. Februar 94 war der Abflug mit Alitalia von Frankfurt via Rom nach Johannesburg. Diese Fluglinie hatte einen besonders günstigen Tarif angeboten.

Weil niemand weiß, wie es nach den Wahlen im April weitergehen wird und dies womöglich, was nicht zu hoffen ist, eine letzte Gelegenheit darstellt, das Land noch so frei zu besuchen, hat diese Überlegung mit dazu beigetragen, diese Reise anzutreten.

Kaum in Johannesburg angekommen, ging es am nächsten Tag schon nach Windhoek, der Hauptstadt Namibias, ehemals Südwestafrika, weiter. Johannes Trauernicht, Prediger der dortigen Stadtmission, holte mich am Busbahnhof ab. Die Zeit und die Gemeinschaft mit diesem Bruder und seiner Familie war mir ein Geschenk. Obwohl alles eher kurzfristig geplant werden mußte, ergaben sich zwei Dienste. Insgesamt weilte ich nur drei Tage in diesem schönen und dünnbesiedelten Land. Da man das Vordringen der charismatisch, pfingstlichen Einflüsse mit Sorge registriert, wurde ich von Johannes gebeten, doch noch zu diesem Thema einen Vortrag zu halten. Es war eine dankbare Abnahme vorhanden und Verantwortliche meinten, ich habe damit der Gemeinde einen Dienst erwiesen. Für mich war diese Gelegenheit ein Geschenk, denn ursprünglich sah es so aus, als wäre für solche Vorträge keine Gelegenheit.

Johannes Trauernicht erzählte mir von einem Fall von "Gemeindewachstum" durch die Gabe der "Prophetie", der sich in Windhoek vor ca. 10 Jahren abgespielt hatte. Wolfgang Müller, damals rechte Hand von Volkhard Spitzer, kam nach Windhoek in die Freie Christengemeinde und berichtete von einer Vision. In einer Art Himmelsleiter sah er 200 neue Ehepaare im Laufe einiger Jahre zur Gemeinde hinzukommen. Als nach vier Jahren immer noch nichts in dieser Richtung geschehen war, holte man Petrao Bauer, einen Pfingstprediger aus Pretoria. Man wollte herausfinden, warum Müllers Vision sich nicht erfüllt hatte. Vor versammelter Gemeinde erklärte er, angeblich durch prophetische Eingebung, im Beisein des Beschuldigten, der verantwortliche Pastor, Winschevski, lebe im Ehebruch. Dies traf überhaupt nicht zu, doch ein Teil der Anwesenden glaubte dieser "Prophetie" und darüber spaltete sich bzw. zerbrach die Gemeinde. Erschüttert zog Winschevski in die Kap.

Namibia ist ein großes und reiches Land. Als die Wahlen stattfanden, gab es etliche Unregelmäßigkeiten und Machenschaften, um der SWAPO zur Macht zu verhelfen, die jedoch von der UNO geduldet wurden. Doch damals wurde viel gebetet und man ist trotz dieser sozialistischen Regierung eher dankbar für die bisherige Entwicklung. Man führt dies fast einmütig auf die vielen Gebete zurück.

Fast bedauerte ich es, nicht längere Zeit für Namibia eingeplant zu haben, so gut gefiel es mir bei dieser Familie und in dem Lande. Doch am 10. Febr. ging die Reise weiter nach Kapstadt. Es war ein Flug mit einer Propellermaschine, die durch ihren relativ niedrigen Flug einen Eindruck von der Schönheit und Weite dieses Landes vermittelte. Am Flughafen in Kapstadt holte mich Lothar Buchorn ab, Prediger der dortigen Stadtmission. Auch mit diesem Bruder genoß ich die Gemeinschaft und den Austausch in besonderer Weise. Schade, daß sich unsere Wege nicht schon früher gekreuzt hatten.

Kapstadt ist berühmt für seinen Tafelberg und da an diesem Tag ein wolkenloser Himmel strahlte, besuchte ich via Seilbahngondel noch dieses berühmte Ausflugsziel. Für die Anhänger der New-Age-Bewegung ist dieser Berg ein besonders "energiereicher" Ort, zu dem sie ehrführchtig pilgern. Der Ausblick war herrlich. Nie hätte ich gedacht, der ich als Schüler über diesen Berg befragt wurde, einmal auf diesem Fleck der Erde zu stehen. Wir haben einen großen und reichen Gott.

Als ich am nächsten Tag gemeinsam mit Lothar Cape Point besuchte, tummelten sich in einer Bucht eine Schule Delphine, die dann noch, als wir zum Strand kamen, wie bei einer Vorführung in die Luft sprangen. Später stand ich an dem Punkt, von dem aus man sowohl den Atlantischen als auch Indischen Ozean gleichzeitig sehen kann. In der Stadtmission war für den 11. Februar das Thema "Dinosaurier und die Bibel" angesagt. Das Interesse war ziemlich groß und es ergab sich ein Abend, an dem vor allem die jungen Leute viele Fragen zu der Thematik Evolution bzw. Naturwissenschaft und Glaube stellten. Ich möchte es auf die Gebete der vielen zurückführen, daß sich solch eine gute Abnahme des Wortes erkennen ließ.

Auch Lothar Buchorn bat mich am Sonntag im Gottesdienst zum Thema endzeitliche Verführung zu sprechen. Auf seine Initiative hin wurde das Programm umgestellt. Das Durcheinander, daß durch Wunderheiler und "Superapostel" (2. Kor. 11,5) geschieht, nimmt bald globale Züge an und wo man hinkommt, gibt es Informationsbedarf in diesem Bereich. Auch nach dieser Botschaft wurde ich mit zahlreichen Fragen "gelöchert".

Erschütternd war, was mir verschiedene Geschwister wegen Aids berichteten. Die offiziellen Stellen schweigen sich darüber eher aus, doch es dürfte zutreffen, was jemand einmal als eine "Atombombe, die in Zeitlupe explodiert", definiert hat. Kapstadt gilt als Hochburg der Homosexuellen.

Ein Arzt, der in Simbabwe arbeitete, rechnete sich aus, daß bis zum Jahre 2000 60-70% der Bevölkerung von dieser Seuche dahingerafft sein werden. Als er den Gesundheitsminister Simbabwes darauf ansprach, meinte dieser: "Unser Problem ist derzeit Masern und nicht Aids." Auch hier ticken Zeitbomben ungeahnten Ausmaßes. Einmütig wurde mir gesagt, wie dieser tödliche Virus sich bei der schwarzen Bevölkerung schon viel weiter ausgebreitet hat. Jemand schätzte sogar, daß in Somalia 80% der Bevölkerung an Aids erkrankt sei. Ob dies so zutrifft, entzieht sich meiner Kenntnis.

Der Abschied von Lothar und seiner Familie fiel mir mindestens ebenso wenn nicht noch schwerer als der von Familie Trauernicht. Was hatte sich doch in so kurzer Zeit für eine herzliche Verbindung und Gemeinschaft ergeben. Problemlos ließ sich sogar der Flug nach Johannesburg verschieben, um noch bei einem Hauskreis sprechen zu können.

In Johannesburg holte mich wieder das Ehepaar Franzmann ab. Auch hier hatte die Stadtmission für die evangelistischen Abende geworben. Wiederum bat mich der Prediger, am Sonntag doch die Thematik endzeitliche Verführung aufzugreifen. Es war für mich manchmal nur noch zum Staunen, wie der Herr führte und Türen öffnete. So wurden noch zwei Vorträge in Hauskreisen organisiert, damit durch biblische Lehre Klärung in diese endzeitliche Verwirrung geschenkt werden möge.

Aufschlußreich waren die Aussagen etlicher Geschwister über das Missionswerk Kwa Sizabantu, das von Erlo Stegen geleitet wird. Zum Teil war ich erschüttert, was ich da zu hören bekam. Zusammenfassend, als Ergebnis vieler Gespräche, habe ich folgende Notizen bzw. Zitate festgehalten:

"Es wirkt ein anderer Geist, nicht die Gnade ist im Mittelpunkt, sondern die Sünde bzw. der Mensch." Alle Verkündigung ist sündenzentriert und als Ergebnis eines falschen Sündenbegriffes dreht sich alles um Einzelsünden, die alle bekannt werden müssen. Es wird Gesetzlichkeit und Höllenstrafe gepredigt und es gibt so gut wie keine Heilsgewißheit als Folge einer unbalanzierten und nicht christozentrischen Verkündigung. Die Gesetzlichekeit geht bis ins Zwanghafte ebenso wie das Bekennen von Sünden.

Ehemalige Mitarbeiter bzw. solche, die sich vom Missionswerk getrennt haben, nannten vier Punkte, die sie zu beanstanden hatten:
1. Führungsstil, der diktatorische Züge trägt. 2. In Sachen Finanzen soll manches nicht sauber gelaufen sein. 3. Die Beichte wird nicht als Angebot sondern als Zwang empfunden. 4. Bedenken herrschen auch wegen der Visionen von Hilda Dube, Mutter der Lydia Dube, und einiger anderer Frauen, die einen besonderen Stellenwert im Missionswerk einnehmen.

Es hat dies Auswirkungen auf die Verkündigung. So bezeugte jemand wörtlich: "Während meiner Zeit in Kwa Sizabantu hatte ich keine Gewißheit, niemals. Auch heute kämpfe ich noch. Ich weiß die Antworten und bin sogar imstande, anderen zur Heilsgewißheit zu helfen. Aber ich selber kann es nicht für mich glauben. Es ist zu schwer für mich."

Auch hat man folgendes beobachtete: Leute, die in Sizabantu sind, ziehen sich von Verwandten zurück und kommen in eine negative Haltung, bis dahin, daß alles kritisiert wird. Ein Bruder sagte unumwunden: "Leute, die in Kwa Sizabantu waren, sind für verbindliche Gemeindearbeit nicht mehr brauchbar, weil alles andere fleischlich sei."

Man beobachtet auch eine gewisse Situationsethik. Beispielsweise erklärt man einem Anrufer, Erlo sei nicht da, obwohl er anwesend ist. Oder Stegen sagt zu seinen Mitarbeitern, "diesen Bruder braucht ihr nicht abholen." Als er dann kam: "Warum hast du nicht angerufen? Wir hätten dich so gerne abgeholt!"

Für manche Beobachter herrscht eine "aufgesetzte Herzlichkeit", die nur das Ziel hat, Leute für Sizabantu einzunehmen. Jemand, der jahrelang dort war, sagte wörtlich: "Ich habe nie Liebe gefunden!" Ein anderer, der drei Jahre in Sizabantu weilte, erklärte: "Ich habe nie ein Heilungswunder gesehen." Ein weiteres Zitat: "Bevor ich nach Sizabantu kam, war ich ein glückliches Kind und hatte niemals Depressionen. Dann weinte ich den ganzen Tag und wußte nicht einmal warum. Alle scheinen besser als ich zu sein. Vorher hatte ich Heilsgewißheit, danach nicht mehr."

Wer sich vom Missionswerk trennte, war automatisch auf dem falschen Weg. Das womöglich schlimmste Beispiel war ein junger, begabter Mitarbeiter. Er sah sich von Gott in eine andere Missionsaufgabe geführt. Erlo Stegen sah darin jedoch einen "teuflischen Weg", was zur Folge hatte, daß sich die junge Frau weigerte, mit ihrem Mann zu ziehen. Obwohl die Frau ihren Mann liebte, konnte sie es nicht über ihr Gewissen bringen, von Sizabantu wegzugehen. Sie befürchtete, damit Gott ungehorsam zu sein. Ihr Mann aber konnte nicht mehr dort bleiben. Ihm waren zu viele Zweifel und Fragen bezüglich Kwa Sizabantu gekommen.

Nun ist es gewiß Gottes Absicht, Ehen zu erhalten und der Platz der Frau und ihrer Kinder wäre bei ihrem Mann gewesen. Da die Frau zwischen Sizabantu und ihrem Man hin- und hergerissen war, lag der Schlüssel für die Lösung dieses Dilemmas bei Erlo Stegen. Auch anhaltende Gespräche besorgter Geschwister fruchteten nicht. Anstatt dem Wort Gottes zu gehorchen und die Frau zu ihrem Mann zu schicken, wurde sie umso mehr an Sizabantu gebunden. Die Ehe wurde geschieden, obwohl sich beide liebten. In einem Bericht darüber wurde gefragt: "Was ist schwerer für einen Mann, seine Frau durch Tod zu verlieren oder auf solche Weise? Und die Kinder?"

Ich hatte Gelegenheit, mich einige Zeit mit dem Betroffenen zu unterhalten. Der Aussage des Paulus im Zusammenhang mit einem fremden bzw. knechtischen Geist (2. Kor. 11,4), dessen Auswirkungen er in Vers 20 schildert, "Ihr ertragt`s, wenn euch jemand zu Knechten macht, wenn euch jemand schindet, wenn euch jemand gefangennimmt...", konnte er nur voll beipflichten.

Ich mußte feststellen, daß nicht alle glücklich waren, zuviele Details preiszugeben. Auch ich habe längst nicht alles zu Papier gebracht, was mir glaubwürdige Zeugen berichtet haben. Erlo Stegen hat mehrmals Aussagen gemacht, die als Prozeßandrohungen verstanden werden mußten. Es wird von Sizabantu alles darangesetzt, den Schein zu bewahren und wer zu viel von den Vorgängen hinter den Kulissen aufdeckt, muß mit einer Klage rechnen. Ein Bruder meinte: "Ein sachliches Gespräch mit Erlo Stegen ist völlig unmöglich, weil er alles persönlich nimmt und Kritik hinsichtlich der Arbeit nicht gelten läßt."

Wenn ich meine persönlichen Eindrücke zusammenfassen kann, geschieht in Sizabantu die Verlagerung vom Heiligen Geist zu einem animistischen, knechtischen Geist, wie man ihn unter den afrikanischen Stämmen kennt. In diesem Fall tarnt er sich nur als besonders heilig. Dieser Diagnose wurde von den Brüdern, die über die Ereignisse von Sizabantu informiert waren, nicht widersprochen.

Ein Stadtmissionar berichtete über die Resultate einer Evangelisation mit Reinhard Bonnke in Soweto. Eine deutsche Missionarin, die 14 Jahre in Soweto Religionsunterricht gegeben hatte, wollte wissen, wie sich Bonnkes Feldzug ausgewirkt hatte. So ging sie zur nächsten Polizeistation und erkundigte sich. Der Polizist erzählte ihr nicht nur von der Evangelisation, sondern er war mehrmals selber dort gewesen. Er bestätigte, wie jeden Abend viele Leute nach vorne gingen, um sich zu bekehren. Viele haben Waffen, Zaubereigegenstände öffentlich verbrannt und sich davon losgesagt. Die Polizei merkte, wie in diesen 4 Wochen, in denen Bonnke evangelisierte, die Verbrechen stark zurückgingen. Doch danach, ca. 2-12 Tage nach der Abreise des Evangelisten, mußte die Polizei zur Kenntnis nehmen, wie die alten Grausamkeiten und Verbrechen wieder begannen, um einige Wochen danach in noch verstärkterem Maße aufzutreten. Der Polizist sagte auch, wie es ihm nicht bekannt sei, daß auch nur einer der "Bekehrten" zu irgendeiner Bibelstunde oder Gemeinde ginge. Die Schwester bestätigte auch, daß in den mehreren Monaten ihres Religionsunterrichts ihr kaum Christen begegnet sind.

Ein anderer Bruder berichtete, wie er nach der biblisch vertretbaren Botschaft Bonnkes gebeten habe, der Herr möge doch offenbaren, welch ein Geist hier wirkt. Darauf habe Bonnke dreimal ins Mikrophon gerufen: "Now, I release the Holy Spirt". (Ich gebe jetzt den Heiligen Geist frei oder lasse ihn los). Hier möchte ich wiederum an das Zitat von Saturnin Wasserzug erinnern: "Der Heilige Geist ist die herrlichste Gabe an die Gemeinde, wenn sie gehorcht, und die gefährlichste, wenn sie versucht, ihn zu manipulieren." Da sich Gott bekanntlich "nicht von Menschen Händen dienen läßt" (Apg. 17,25), sind die Auswirkungen dementsprechend.

Ein anderer Bruder berichtete, wie in letzter Zeit als neue Welle aus Amerika kommend in einigen Pfingstgemeinden das "Lachen im Geist" praktiziert wird. Dies sei nun das neue Zeichen für das Erfülltsein mit dem angeblich Heiligen Geist.

Viele Fragen bereitet auch die "Rhema Church" von Ray Macauley in Johannesburg. Da sie bis zu 3000 oder gar 5000 Mitglieder hat, ist sie ziemlich einflußreich. Auch tritt Ray Macauley öfters im Fernsehen auf. Nun, was von diesen Rhema Churches zu halten ist, darüber hat schon Hank Hanegraaff in "Christianity in Crisis" geschrieben. Eine Schwester erzählte mir, wie jemand einer Bekannten zuliebe diese Gemeinde besuchte. Nach einer Dreiviertelstunde sei sie weggegangen. Man habe immer wieder in diesem ganzen Zeitraum ein und denselben Liedvers gesungen. Bei einer anderen Gelegenheit habe man einen Mann ohnmächtig nach vorne getragen. Etwa 20 Minuten lang versuchte Ray Macauley dann vor der Gemeinde einen Dämon auszutreiben, damit der Betreffende wieder zu sich käme. Schließlich habe er entnervt aufgegeben, verärgert, daß all seine Exorzismen keine Wirkung zeigten. Ohne eine Predigt wurde die Gemeinde nach einem Lied entlassen.

Wegen all dieser zunehmenden Verwirrungen gab es manche Anfrage um Vorträge. Fast spontan öffneten sich Türen und ergaben sich Möglichkeiten der Unterweisung in Gottes Wort. Insgesamt hatte ich 12 Predigten, Bibelarbeiten, Wortauslegungen und evangelistische Verkündigungen. Mehrere äußerten den Wunsch, ich möge wiederkommen. So der Herr will und wir leben, dürfte es mir nicht schwerfallen, dieser Bitte zu entsprechen.

Dieser Subkontinent ist für ein (ehemals) zoologisch begeistertes Herz eine wahre Augenweide. Ein Tierreichtum tut sich dem Betrachter auf, der in seiner Farb- und Artenvielfalt nur schwer in Worte zu fassen ist. Afrikas größtes Naturreservat ist der Kruger Nationalpark. Fast so groß wie ganz Hessen ist er ein Eldorado für Naturliebhaber. Es war mir vergönnt, diesen Nationalpark zu besuchen. Man kann dort an einem Tag allein so viele Vogelarten beobachten, wie in unseren Breitengraden nicht in Jahren. Der Rekord liegt bei 280 Arten, die an einem Tag gesichtet wurden. Tiere, von denen ich als Teenager nur träumen konnte, Zebras, Löwen, Giraffen, Nashörner, Elefanten, Antilopen, Leoparden usw. konnte ich nun zum ersten Mal in freier Wildbahn bewundern.

Ein besonderes Geschenk war mir, daß ich mit dem Prediger der Stadtmissionen in Johannesburg nicht nur herzliches Verhältnis haben durfte, er ist auch ein versierter und kenntnisreicher Vogelbeobachter. An dem Tag meines Abflugs unternahmen wir noch einen gemeinsamen morgendlichen Vogelbeobachtungsausflug. Der Abschied von den lieben Geschwistern fiel mir schwer. Möge doch der gnädige Herr sich erbarmen, dank der doch vielen Beter noch genügend Gerechte finden und dem ganzen Land vergeben.


Alexander Seibel


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