Der Toronto-Segen erobert Indien

(9. bis 27. Febr. 1996)

Die Andacht vor den OM-Mitarbeitern in ihrem Hauptquartier in Hyderabad war einer der Höhepunkte der Reise. Jeden Morgen ist so eine Zusammenkunft über dem Worte Gottes und nach dem Gespräch mit dem OM-Leiter Joseph D'Souza wurde ich ermutigt, klare Positionen von der Bibel her zu geben. Es gab interessierte Aufmerksamkeit sowie gute Abnahme des Gesagten, und mich freute vor allem das Gespräch mit Alfy Franks nach dieser Andacht. Alfy Franks war der frühere OM-Leiter von Indien, mußte aber wegen Herzbeschwerden sich einer Bypass-Operation unterziehen. Er darf nun soweit wieder hergestellt sein, doch hat er aus diesen gesundheitlichen Gründen die Leitung abgegeben.

Hyderabad war die zweite Station von meinem Begleiter Hans-Jörg Karbe und mir. Nach etlichen Schwierigkeiten hatten wir endlich unsere Visa bekommen. Am 9. Februar kamen wir zum Flughafen Frankfurt, nur um zu erfahren, daß unsere gebuchten Flüge wegen Computerkommunikationsprobleme - man könnte fast von einem elektronischen Mißverständnis sprechen - wieder gestrichen worden waren. Es war fast eine Reise mit Hindernissen. Auch konnte uns nicht garantiert werden, ob noch Plätze für unseren Anschlußflug nach Bangalore, unserem ersten Reiseziel, vorhanden sind. Wegen der Annullierung unserer Buchungen zeigte der Computer der Air India in Frankfurt keine Eintragungen mehr. Wir wurden schon in Frankfurt auf die Warteliste gesetzt, konnten dann aber doch noch mitfliegen, allerdings nur noch in der Raucherabteilung und getrennt voneinander. Ankunft war um 3.00 Uhr früh in Delhi nach indischer Zeit, nach europäischer Zeit war es 22.30 Uhr.

Beim Domestic Airport, wo die Inlandflüge abgefertigt werden, wurde es dann spannend. Werden wir Bangalore noch zur geplanten Zeit erreichen? Die Erleichterung war groß, als bei den Inlandflügen auf einmal auf dem Monitor unsere Namen auftauchten. Die Annullierung war also in dieses Computernetz noch nicht vorgedrungen. So trafen wir tatsächlich noch rechtzeitig in Bangalore ein, wenn auch durch diesen Nachtflug und dem damit verbundenen Jetlag einigermaßen übermüdet. Wohltuend war die Wärme von ca. 30°, die uns nun begleiten sollte und oft genug als Hitze wahrgenommen wurde. Wie jedesmal, dies ist nun schon meine fünfte Reise nach Indien, waren wir bei Familie Ron und Lilo Penny untergebracht, wenn wir in Bangalore und Umgebung Dienste hatten.

Für mich war es Führung, daß zu diesem Zeitpunkt in Bangalore gerade eine christliche Literaturausstellung stattfand. Die verschiedenen christlichen Verlage hatten sich mit ihren jeweiligen Publikationen in dieser Stadt eingefunden, u.a. auch GLS, Gospel Literature Service, das so ziemlich über das größte Verteilnetz in Indien verfügt. Den Leiter, Babu Verghese, kannte ich von meinen früheren Besuchen. Er war sehr aufgeschlossen für mein Anliegen, mein Buches Die sanfte Verführung der Gemeinde in Indien zu veröffentlichen. Ich hatte das überarbeitete Manuskript mit, ebenso wie die abgespeicherte Version auf Computerdiskette.

Man versprach mir, Bescheid zu geben und nach wenigen Tagen kam die positive Antwort. Babu meinte, es sei für diese Zeit ein notwendiges Buch und man wolle es drucken. So ist zu hoffen, daß in einigen Monaten die englische Version in Indien erhältlich ist.

Das Ehepaar Penny erzählte mir, wie seit 4 oder 5 Jahren die Videowelle Indien überrollt und als Folge davon die sexuellen Tabus immer deutlicher gebrochen werden. Es führt, wie man mir sagte, zur Veränderung einer ganzen Kultur. Nun, ähnliches war mir in Brasilien mitgeteilt worden.

Interessant war auch zu vernehmen, wie sich der Toronto-Segen in Indien im allgemeinen und in Bangalore im besonderen ausbreitet. Meine Gastgeber berichteten, wie diese letzte Woge des Schwarmgeistes zum Teil von Leuten akzeptiert wurde, die als gemäßigt galten. Auch hat es in Bangalore große Gemeinden, in denen es nur um den Toronto-Segen geht.

Hans-Jörg und ich konnten am nächsten Tag beim Besuch einer solchen Gemeinde des "Vollen Evangeliums" etwas von dem Toronto-Segen, wenn auch nur indirekt, mitbekommen. Ein Fax wurde von dem leitenden Pastor vorgelesen, das von einem großen Wirken Gottes berichtete. Leute fielen reihenweise zu Boden, einige hatten Visionen und einer spürte, wie sein Geist seinen Leib verließ.

Wiederum war zu beobachten, wie Musik als geistliche Stimulans eingesetzt wurde, um die angebliche Anbetung herbeizuführen, die bestenfalls eine geistliche Selbstbefriedigung ist. Wenn man sehen konnte, wie einige Frauen bei der aufgeheizten Atmosphäre wie hysterisch zu zucken und immer unkontrollierter zu zittern begannen, dann ist dies noch eine eher großzügige Beurteilung. Man hat den Eindruck, daß in unseren Tagen der Tanz ums goldene Kalb immer mehr angesagt ist. Was soll man z.B. davon halten, daß beim Christival u.a. zu folgendem "kreativen Workshop" eingeladen wird: "Tanzlieder und Bewegungsspiele zur Bibel - Wir wollen einfache Liedtänze lernen und erfahren, wie tief das Nachdenken über ihre Symbolik in die Auslegung biblischer Texte hineinführt."

Natürlich geschieht alles angeblich zur Ehre Gottes, doch auch Israel feierte den Götzen im Namen Jahwes, tanzte und hüpfte und wurde zuchtlos. So klagte ein gewisser David W. Cloud: "Die moderne charismatische Bewegung ist auf alle Art von Unterhaltung abgefahren: Rockmusik, Drama, Tanz, Clownerie, Rap, was auch immer" ("Christian News", Mai 1992, S. 3341).

Lilo Penny zeigte mir noch ein Fax, das sie von einem englischen Pastor erhalten hatte, der gerade aus Südafrika zurückgekommen war. Darauf war im Zusammenhang mit dem Toronto-Segen zu lesen: "Die Hindus und Moslems denken, die Christen seien verrückt geworden. Kürzlich ging ein Satanist in einen christlichen Buchladen und sagte: 'Ihr Christen seid ein gutgläubiger Haufen.'" Letztere Feststellung ist leider nur allzu oft zutreffend. Wenn man z.B. die Stellungnahme von Hanspeter Nüesch, Leiter von Campus für Christus Schweiz, zum Toronto-Segen liest (sie war mir kurz vor dem Abflug zugesandt worden), wird erschütternd deutlich, wie diese "Superfrommen" in Wirklichkeit treue Diener eines fremden Geistes sind.

Ein Problem für etliche Pastoren war der geplante Feldzug von Reinhard Bonnke für kommenden Monat (März) in Banaglore. Dieser Mann, das muß man leider sagen, ist eine weltweite Plage, der seinen Größenwahn immer ungehemmter zur Schau stellt. Zwar waren manche Geistliche skeptisch, doch Bonnkes Leute bringen gewöhnlich so viel Geld mit, daß, wie jemand beklagte, etwaige theologische Bedenken zurückgestellt werden.

Auch hier konnte noch manche Hilfestellung gegeben werden und besonders aussagekräftig erwiesen sich mitgebrachte Videos, die Reinhard Bonnke und vor allem Benny Hinn in Aktion zeigen und auch den Toronto-Segen behandeln. Insofern hatte ich doch öfters den Eindruck, daß unser Besuch in diesem Land nicht zufällig, um nicht zu sagen strategisch war. Vielleicht zeigt die weitergegebene Information doch noch ihre Wirkung. Durch Bonnkes kürzlichen Auftritt mit Rodney Howard-Browne in Frankfurt gibt es auch nur wenig Anlaß, diesen "Völkerfischer" etwas gemäßigter als die Anhänger des Toronto-Segens einzustufen. Wie so oft, hilft dieser "letzte Schrei" des Schwarmgeistes Augen zu öffnen und Leute wachzurütteln. Viele Inder erinnert dies zu sehr an ihre heidnisch okkulte Umwelt und sie sind deswegen eher skeptisch und dankbar für Aufklärung.

Dies war eigentlich generell der Eindruck als Folge unserer Vorträge, sei es nun bei OTI, ACA in Hyderabad oder Secunderabad. OTI (Outreach Training Institute) ist der Ausbildungsarm von IEM, der Indian Evangelical Mission. Die Studenten dort sind hochmotiviert und lassen sich für die Arbeit unter indischen Stammesleuten zurüsten. IEM war es auch, die mir wiederum anbot, Vorträge zu halten.

ACA steht für Asean Christian Academy. Dort war man besonders aufgeschlossen. Auch baten mich die Zuhörer, doch einmal für längere Zeit zu kommen. Die Studenten hatten manch Interessantes zu erzählen. So ist in Bombay, das seit einigen Jahren Mumbay heißt, ein Pastor Christopher tätig, der von Korea aus Yonggi Chos Kirche stammt. In seiner Gemeinde wie auch in den Privathäusern betet er für Speisen, die den Toten geopfert werden. Dies ist ein koreanischer Brauch und schon vor Jahren hat Christianity Today aufgezeigt, wie es wegen Ahnenverehrung in Chos Kirche riesige Probleme gab. Insofern war ich nicht sonderlich überrascht.

Bei meinem letzten Besuch in Indien, Februar 1992, hatte ich bei OTI einen Linguisten namens Devagnanavaran kennengelernt. Er bat mich nun innigst, unbedingt nach Ambur, wo er wohnt, zu kommen, um dort ebenfalls Lehrvorträge zu halten. Nachdem ich dies mit den anderen Terminen abgestimmt hatte, konnte ich zusagen. Drei Stunden Fahrt von Bangalore Richtung Madras (Osten), brachten uns mit dem Zug nach Ambur. Dort lernten wir feine Geschwister kennen, die zur Bakht Singh Gemeinde gehören.

Nicht nur Hans-Jörg war beeindruckt von dem Eifer und der Lernbereitschaft für Gottes Wort, die er dort antraf. Hier fühlte man sich geistlich besonders wohl. Diesen Geschwistern vertrauten wir auch gerne Geld zur Arbeit unter Witwen und Waisen an, in der großen Zuversicht, daß es nicht zweckentfremdet wird.

Bakht Singh ist nun ca. 92 Jahre alt und hat durch sein beispielhaftes Leben eine große Segensspur hinterlassen. Nach Hyderabad, wo wir am 20. Februar eintrafen, waren wir von Project Christ India eingeladen worden. Auch dieses Werk ist mit Bakht Singh-Gemeinden assoziiert. Der verantwortliche Bruder bzw. Leiter bestätigte meine Befürchtungen, daß ca. 90% der indischen Missionswerke in finanzieller Hinsicht nicht verläßlich sind. Um so freudiger gaben wir dieser Arbeit, die ein Werk unter Waisen beginnen möchte, wieder Unterstützung.

Ron Penny ließ eine Bemerkung fallen, die mich sehr nachdenklich stimmte: Es war ein geschickter Schachzug Satans, daß die Brüder- und die Bakht Singh-Gemeinden nicht zusammenfanden. Die Brüderbewegung ist relativ groß in Indien. In den 50er Jahren wirkte in ihrem Rahmen ein gewisser Silas Fox aus Vancouver in großem Segen, durch dessen Dienst sich Tausende bekehrten. Er muß auch ein hochgebildeter Mann gewesen sein, der nicht nur Sanskrit, sondern auch einige indische Sprachen beherrschte, vor allem Telugu. Zunächst arbeiteten sie zusammen, doch weil Bakht Singh auf der Handauflegung nach der Taufe bestand und Schwestern gestattete, in der Gemeinde auch anzubeten, was beides von Silas Fox abgelehnt wurde, hat man sich getrennt. Wie schade.

Ganz in der Nähe von Hyderabad liegt Secunderabad. Dort hatte ich vor 10 Jahren in dem sogenannten Bharat Bible College Vorträge gehalten. Der Direktor dieser Bibelschule, Dr. Buraga, bat mich, ihn unbedingt zu besuchen. Das Wiedersehen nach so langer Zeit war natürlich ein Grund zur Freude und es gab manches auszutauschen. Dringend wurde ich gebeten, Vorträge zu halten und schon am ersten Tag meines Besuchs sprach ich abends vor ca. 150 Studenten. Der Sonntag war wiederum für mehrere Dienste verplant und die evangelistische Verkündigung zum Gottesdienst fand eine sehr dankbare Abnahme wie Zustimmung.

Für das College selber wollte man unbedingt Informationen und Aufklärung über die globale Woge der Verführung und Verwirrung, die sich in dieser Generation immer mehr ausbreitet.

Dr.Buraga erzählte mir, wie Reinhard Bonnke 1994 einen Feldzug in Hyderabad abhielt. Bewährte Studenten sandte er zur Beobachtung hin. Sie berichteten einmütig, keine Wunder gesehen zu haben. Auch wurde nur bestimmten Leuten der Zutritt zum Mikrophon gestattet. Geheilt wurde niemand. Dabei war die ganze Aktion groß als Verkündigung mit Zeichen und Wundern propagiert worden. Weltweit muß man immer das gleiche vernehmen. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß es sich um programmierte Unwahrhaftigkeit handelt. Doch der Zweck heiligt für diese Leute offensichtlich die Mittel. Es sind die lügenhaften Zeichen und Wunder der letzten Tage, von denen die Bibel redet, wobei man mehr an Lüge denn an Wunder erinnert wird.

Nach diesem eher ausgefüllten Sonntag mußte ich sogar am Tage der Rückreise, Montag den 26. Februar, noch am Morgen zu den Studenten sprechen. Abends traten Hans-Jörg und ich den Rückflug an, dankbar für alle bewahrende Gnade des Herrn und in der Zuversicht, daß mancher kleine Baustein in das Reich Gottes durch Sein souveränes Handeln zum richtigen Zeitpunkt eingefügt werden konnte. Dank sei auch allen Betern, die durch ihre Fürbitte dies möglich gemacht haben.



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