(15. bis 21. Okt. 1986)
Allein schon der Flug über eine solch große
Entfernung bleibt ein unvergeßliches Erlebnis.
Da das Flugzeug die westliche Polarroute nahm,
erlebte ich eine Art von "längsten Tag";
denn während der Flugdauer von 22 Stunden
ging die Sonne nicht unter.
Auf der Reise schenkte mir der Herr einen guten
Kontakt zu einem jungen Deutschen, der für
das Evangelium sehr offen war. Wir trafen uns
in der Hauptstadt Seoul noch mehrere Male. Er
konnte sich auch völlig problemlos der dreitägigen
Rundreise durch Korea anschließen, die die
Regierung am Ende unserer Konferenz den 80 Teilnehmern
kostenlos ermöglichte.
Der Internationale Rat der christlichen Kirchen
(ICCC) hatte zu einer Delegiertenkonferenz vom
15. bis 21. Oktober 1986 nach Seoul eingeladen.
Hierbei ist es eine große Bereicherung,
daß man Christen aus aller Welt kennenlernt
und mit ihnen Gemeinschaft haben darf.
Die Themen der ICCC-Konferenz befaßten
sich in erster Linie mit der Entwicklung im Weltkirchenrat
(WCC) und seiner zunehmenden Kompromißbereitschaft
gegenüber den anderen Religionen. Die Betonung
der WCC-Verlautbarungen liegt zur Zeit auf einer
neuen Spiritualität (einer Art charismatischen
Vergeistlichung ihrer Aktivitäten), die man
anstrebt (Siehe auch "Bibel und Gemeinde"
Nr. 3/86, Seite 289ff.). Der Generalsekretär
Emilio Castro und andere Mitarbeiter haben diesen
Trend schon früher lautstark verkündet.
In "the ecumenical review" (Ausgabe
Januar 1986) erklärte Dr. Castro u.a.: "Die
anderen Weltreligionen haben ihre eigene spirituellen
Traditionen, die in den letzten Jahren einen bemerkenswerten
Einfluß in den westlichen Ländern ausgeübt
haben .. Wir fügen ein paar Aufsätze
über die nichtchristliche Spiritualität
bei (beigelegt sind Artikel über islamische
und hinduistische Spiritualität, Anm ), weil
wir bei der Suche nach einer ökumenischen
Spiritualität in demütiger Bereitschaft
dafür offen sein müssen, überall
das Wirken des Geistes zu erkennen".
Auch aus diesem Grunde wollte man bei der jetzigen
ICCC-Konferenz eine deutliche Stellungnahme gegen
die charismatische Bewegung abgeben, die ja für
ihre Betonung der Spiritualität bekannt ist.
Man hatte mich um einen Vortrag zu dieser Thematik
gebeten und dank der Güte unseres Gottes
wurde das Referat mit großer Dankbarkeit
aufgenommen.
Zuvor jedoch besuchte ich mit einem amerikanischen
Missionar, der schon viele Jahre in Korea verbracht
hat, einen Gottesdienst der Young Nak-Gemeinde.
Dort sprach der Gründer dieser Gemeinde,
der greise Pastor Kyung-Chik Han. Seine Botschaft
war schlicht und geprägt von geistlicher
Tiefe. Dahinter stand das Zeugnis eines gereiften
Christen, der sich in der Nachfolge Jesu bewährt
hat. Beeindruckend war es, die Kirche gedrängt
voll mit Menschen zu sehen. Welch ein Unterschied
zu Deutschland, der buchstäblich zum Himmel
schreit!
Noch am selben Sonntag ging es um 13.00 Uhr zur
"größten Kirche der Welt".
Aus Gründen der Information wollte ich mir
einmal Yonggi Chos Yoido Full Gospel Church ansehen.
Rein optisch ist alles sehr beeindruckend. Ein
riesiges Halbrund mit seinen Balkonen faßt
zusammen ca. 50 000 Besucher. Der Empfang war
herzlich. Für Ausländer gibt es eine
eigene Abteilung mit Simultanübersetzung;
und auch sonst wird man sehr freundlich behandelt.
Unter anderem konnte man meinen, in einem riesigen
Theater zu sein. Bevor Pastor Cho sprach, wurde
ein Filmausschnitt über seine letzte erfolgreiche
Verkündigungstournee durch die USA gezeigt.
Massen begeisterter Amerikaner waren zu sehen,
die andächtig Chos Ausführungen lauschten.
Danach sah man viele Menschen offensichtlich ergriffen
beten, wobei man sich in echt charismatischer
Weise beim Gebet die Hände hielt und so einen
Kreis bildete. Dieses ist eine der Bibel fremde
Praxis, die sich aber zunehmender Beliebtheit
erfreut.
Yonggi Cho sprach über das Vaterunser. In
seinen Ausführungen war manches Wertvolle
enthalten, solange er jedenfalls bei dem Text
blieb. Gegen Schluß wurde aufgefordert,
sich für Jesus zu entscheiden und von der
Kraft Gottes Heilungen zu erwarten. Cho erklärte,
wie er gerade "sieht", daß eine
Leberkrankheit geheilt werde. Er sprach davon,
daß unter den Zuhörern jemand mit Halsschmerzen
sei, und gab an die restlos überfüllte
Kirche immer wieder Berichte von gerade stattgefundenen
Heilungen weiter. Die Anwesenden klatschten begeistert
dazu.
Aus dem eben noch christlichen Prediger wurde
auf einmal ein Geistheiler, der mit eindrücklichen
medialen Fähigkeiten ausgestattet war. Doch
haben Dave Hunt und T.H. McMahon in ihrem Buch
The Seduction of Christianity, das für beträchtliche
Aufregung sorgte, schon darauf hingewiesen, wie
Chos Techniken mehr im Schamanismus und Okkultismus
als in der Bibel angesiedelt sind.
So schreiben die Autoren (Seite 111-114): "Unglücklicherweise
scheint manch populäre Lehre in der heutigen
Kirche mehr den östlichen Mystizismus zu
unterstützen, anstatt ihn zurückzuweisen.
Ein Beispiel dafür ist Yonggi Chos Lehre
über ‘die vierte Dimension’ ...Obwohl
er sich sicherlich dessen nicht bewußt ist,
hat Pastor Cho dennoch die Grundlagen zu einer
okkulten Theorie gelegt, eine Art Apologetik für
Naturreligionen oder Hexenkunst...Die ganze Vorstellung,
daß durch ein lebhaftes inneres Bild in
der Gedankenwelt ein Effekt in der realen Welt
erzielt werden kann, ist der Bibel fremd, dafür
aber in der ganzen okkulten Literatur, soweit
man sie zurückverfolgen kann, gegenwärtig
(und ist tatsächlich eine der grundlegendsten
schamanischen Techniken )." Gerade der Schamanismus
aber ist in Korea unterschwellig noch weit verbreitet.
Nun zurück zum Gottesdienst von Pastor Cho.
Gegen Schluß betete er öffentlich in
Zungen, die Menge der Anwesenden geriet in einen
gedämpften ekstatischen Zustand und fast
jeder begann in Zungen zu reden. Nur zu deutlich
wurde man dabei an das Wort des Paulus erinnert:
'Wenn nun die ganze Gemeinde zusammenkäme
an einen Ort und redeten alle in Zungen, es kämen
aber hinein Unkundige oder Ungläubige, würden
sie nicht sagen, ihr wäret von Sinnen?"
(1. Kor. 14,23). Auch von daher müßte
man beim Anlegen biblischer Maßstäbe
erkennen, daß hier offensichtlich etwas
grundlegend falsch ist.
Für das Auge gab es in diesem Gebäude
unerhört eindrückliche Dinge zu sehen.
Diese Kirche ist ganz sicherlich eine Pilgerstätte
für alle, die fleischlich gesinnt, von den
Sinnen her ansprechbar oder unter den Einfluß
eines mystischen Geistes geraten sind. Gerade
von solchen Menschen gibt es in unseren T en leider
nicht wenige Von äußerem Glanz betrogen
und von dem ungeheuren Wachstum geblendet, stellen
sie Pastor Chos Gemeinde als Musterbeispiel göttlichen
Wirkens hin Dabei hat man im Gegensatz zur biblischen
Eschatologie völlig übersehen, daß
unser Herr Jesus Christus gerade von den falschen
Propheten am Ende der Tage vorausgesagt hat, daß
sie gewaltige Erfolge haben und viele verführen
werden (Matth. 24,11).
Nach dem Gottesdienst gab es für Ausländer
bzw. sonstige fremde Besucher wiederum in einem
sehr freundlichen Rahmen noch eine Kurzinformation
über die Geschichte dieser Gemeinde Man erhielt
einen Umschlag mit Propagandamaterial. Dazu gehörte
ein Heft mit dem Titel "Church Growth"
(Gemeindewachstum), in welchem neben Yonggi Cho
verschiedene Größen aus den Pfingstkreisen,
wie z.B. Oral Roberts, Demos Shakarian u.a. zu
Wort kommen. Dieses Heft schon allein ist eine
solche Fundgrube von Irrlehren, daß man
nur erschüttert sein kann über die große
Anzahl derer, die diese Gemeinde begeistert als
Vorbild propagieren.
Es erstaunt, wie viele Kirchen es in Korea gibt.
Letztlich ist es ein buddhistisches Land. Doch
hier ist offensichtlich neben aller Vermischung
und Verwirrung eine reiche Saat des Evangeliums
aufgegangen, deren Ernte immer noch anhält.
Nach wie vor bekehren sich viele Koreaner.
Auffallend für westliche Besucher der koreanischen
Gottesdienste ist auch der entschiedene Antikommunismus,
der von den Kanzeln verkündet wird. Deutlich
wird vor dem Marxismus und seiner Zerstörung
der Freiheit und des Glaubens gewarnt. Solche
Sätze wären in vielen Kirchen der Bundesrepublik
ein Ärgernis, weil man der Ansicht ist, daß
es sich dabei um politische Äußerungen
handelt.
Obwohl Korea von seiner Vergangenheit her noch
viel Armut zu überwinden hat wirkt das Land
für einen Besucher aufblühend und technologisch
aufstrebend. Man wird an den Wirtschaftsriesen
Japan erinnert. Ausländer werden mit ausgesuchter
Höflichkeit und Geduld behandelt. Man wünscht
diesem fleißigen Volk von Herzen, daß
es sich weiterhin ungehindert entfalten kann,
vor allem aber, daß durch das wunderbare
Evangelium auch in Zukunft große Scharen
von Koreanern für Gottes ewige Reich gewonnen
werden. Korea ist tatsächlich eine Reise
wert.